Unsere Reise durch Madagaskar vom 23. Juni bis 16. Juli 2025
Rückblick: Schuljahresbeginn 2019 am Gymnasium Altenberg. Die Madagaskar AG hatte einen ganzen Projekttag eingeräumt bekommen, um Nachwuchs unter den neuen Fünftklässlern zu werben. Die damaligen „Großen“ liefen zu Höchstform auf und organisierten ein mehrstündiges Programm. Volltreffer! Bei den nachfolgenden praktischen Aktionen des Schuljahres (Feuerlilienwieseneinsatz, Bäumepflanzen am Kahleberg, …) sowie den „Regenwaldexpeditionen“ (Zoo Dresden, Botanischer Garten Teplice, …) waren so viele Zehn-/Elfjährige dabei wie nie zuvor und nie danach bei der Madagaskar AG.
Erste Schulwoche 2019: „Werwolf-Spiel“ mit Makis, Tenreks und Fossas … (Vier der damaligen Fünftklässler auf dem Bild waren jetzt mit auf Madagaskar-Exkursion)
Im Verlaufe der nächsten Jahre gab es die üblichen Fluktuationen – Prioritäten können sich in dem Alter rasch ändern. Doch ein „harter Kern“ von sieben AG-Mitgliedern in der Klassenstufe blieb. Über fünf Jahre sind sie inzwischen bei nahezu allen Aktivitäten der Madagaskar AG dabei, bereichern das Programm zunehmend mit kreativen eigenen Ideen. Engagement, das sich lohnt: jetzt, am Ende der zehnten Klasse konnten Mariella und Lina, Emilia und Leni, Vincent und Toni nun auch selbst mit nach Madagaskar reisen.
Dreieinhalb spannende Wochen, erlebnis- und entbehrungsreich zugleich. Ungewohnt die andere Kultur, beklemmend die Armut in den Städten, die hygienischen Bedingungen gewöhnungsbedürftig, selbst die wenigen Hauptstraßen des Landes in grottenschlechtem Zustand. Von Start Altenberg bis Ziel Anjahambe muss man eine Woche einplanen. Anjahambe – sprich: Andsambee – im (ehemaligen) Regenwaldgürtel auf der Ostseite der Insel ist der Heimatort einer Gruppe von Jugendlichen, die sich Analasoa Club nennen und sich für Wiederaufforstungs- und andere Umweltprogramme engagieren. Eine wunderbare Partnerschaft verbindet die Schüler seit fast 15 Jahren, über achteinhalbtausend Kilometer hinweg. Nun also endlich Gelegenheit zur persönlichen Begegnung!
im Buschtaxi finden bis zu 20 Leute Platz (im früheren Leben in Europa waren die Minibusse für 9 Personen zugelassen)
Das Exkursionsprogramm war ebenso vollgestopft wie die Buschtaxis. Nach nervenaufreibendem Anflug (über Dubai, wo just zu diesem Zeitpunkt gleich nebenan ein paar Irre Raketen und Bomben über den Persischen Golf hin-und-her-ballerten) empfing uns unerwartet die Großparty am Vorabend des Nationalfeiertags, die dieses Jahr ausgerechnet im Flughafenviertel tobte, mit zigtausenden Menschen und Megastau. Zum Glück waren die langjährigen Partner Cerva und Saniolin in die Hauptstadt gekommen, um uns abzuholen. Auf der Fahrt Richtung Ostküste wie immer ein Übernachtungsstopp im Andasibe-Nationalpark, wo sich Lemuren und Chamäleons entdecken ließen.
Die kleineren Chamäleonarten (hier: Kurzhorn-Chamäleon) suchen nachts auf den äßeren Zweigen Schutz vor Schlangen
In der Hafen- und Provinzhauptstadt Tamatave/Toamasina gab es dann das erste Zusammentreffen mit den Mitgliedern des „Analasoa Club Tamatave“. Dies sind ehemalige Schülerinnen und Schüler aus Anjahambe, die jetzt hier studieren. Zwei davon, Deliatice und Tridia, werden seit letztem Jahr von der Geisinger Analasoa-Stiftung mit einem kleinen Stipendium unterstützt. Die Spendeneinnahmen der Stiftung werden künftig drei weiteren Jugendlichen einen Teil der Kosten abnehmen können. 25 € pro Monat sind für unsere jungen Freunde hier viel Geld!
Für die nächsten ca. 120 km bis in die „Kreisstadt“ Vavatenina brauchte das Buschtaxi (mit ca. 20 Leuten besetzter Minibus) sechs Stunden. Die letzten 17 km „Straße“ nach Anjahambe sind inzwischen so schlecht, dass es dort nur noch per Tuktuk durch die Schlammlöcher vorwärtsgeht. Abenteuerlich!
Schließlich aber hieß es „Tonga!“ (Angekommen!) und, vor allem: „Tonga soa!“ (Herzlich Willkommen!). Ein herzerwärmender Empfang im Haus von Mamanajia und ihrer Familie – die zusammengestellten Tische bogen sich unter Bergen von reifen, leckeren Südfrüchten. Die Unterkunft für die nächsten 6 Tage indes liegt in einem Tälchen am Ortsrand von Anjahambe, im kleinen Haus von Saniolin (seit 2012 einer der Hauptaktiven des Analasoa Clubs; er war 2018 auch mit in Altenberg).
Zum unvermeidlichen Pflichtprogramm gehört auch immer ein Fahnenappell an der Partnerschule, dem Lycee von Anjahambe (Foto: Tina Pfannenberg)
Während der – viel zu kurzen – Zeit in Anjahambe standen unter anderem auf dem Programm: Fahnenappell am Lycée (der Partnerschule); ein Tag Büchersortieren und Wandverzieren in der kleinen, 2017 über „genialsozial“ gebauten Analasoa-Bibliothek; eine Nachtexkursion in den – maßgeblich von den Schülern aufgeforsteten – Analasoa-Wald (wo sich inzwischen tausende Flughunde angesiedelt haben); ein gemeinsamer Pflanzeinsatz ebendort im Analasoa-Wald; ein Workshop zur Zukunft des Waldes mit den Honoratioren des Dorfes und anderen „Stakeholdern“; ein Workshop mit den Mitgliedern von Analasoa Club und Madagaskar AG zur Ideenfindung für künftige gemeinsame Projekte. Darüberhinaus aber auch eine Menge Spaß und Party zusammen. Es war eine Freude zu erleben, wie unkompliziert die Jugendlichen miteinander umgehen.
Dank der ziemlich üppigen Spenden, die die Madagaskar AG in den vergangenen zwei Jahren bei ihren Aktionen eingenommen hatte, konnten wir wieder zwei Buschtaxis mieten und mit 40 Leuten ins Analalava-Schutzgebiet nahe des Küstenortes Foulpointe/Mahavelona fahren. Die in den 1990er Jahren vom Dresdner Regenwaldverein Ranoala organisierte Aufforstung eines Schutzwaldgürtels bewahrte hier einen 200-Hektar-Rest artenreichen Flachland-Regenwalds, mitsamt endemischen – nur (noch) hier vorkommenden – Pflanzen. Seit etwa 20 Jahren gibt es im Analalava Spezialreservat eine kleine, aktive Schutzgebietsverwaltung. Unterstützt von Missouri Botanical Garden, führen die Ranger nicht nur biologische Inventuren und Naturschutzmaßnahmen durch, sondern bieten auch schülergerechte Umweltbildungsprogramme.
Dann war die Zeit schon fast um. Noch ein Tag am Strand in Foulpointe, ein weiteres Treffen mit den Freunden vom Analasoa Club Tamatave, eine 15-stündige (!) Buschtaxifahrt auf der 350-km-Nationalstraße von Tamatave zurück nach Antananarivo. Dort standen dann noch ein Besuch des Goethezentrums und, kurz vor Abflug, eine interessante Gesprächsrunde in der deutschen Botschaft auf dem Programm.
Gesprächsrunde mit Jan-Bodo Lessmann – dem aus Pirna stammenden Chef des Goethezentrums in Madagaskar
Und hier kam das Allerbeste der Reise ganz zum Schluss: die Mitarbeiter der deutschen Botschaft gaben die Zusage, dass sie von einer Ausnahmemöglichkeit Gebrauch machen wollen – und die Visaerteilung übernehmen für die Schülerinnen und Schüler aus Anjahambe, die im Oktober zum „Gegenbesuch“ nach Altenberg eingeladen sind. (Normalerwiese müssen in Madagaskar sogenannte Schengen-Visa bei einer von der französischen Botschaft vorgeschalteten Agentur namens TLS beantragt werden – ein höchst schikanöser Prozess, wie wir erleben mussten).
Dreieinhalb Wochen Madagaskar – viel zu schnell verging die Zeit. Eine Einschätzung, die auch die Altenberger Zehntklässler bei der Reflexionsrunde auf dem Flughafen teilten. Bewundernswert gelassen haben die Jugendlichen alle physischen und psychischen Herausforderungen gemeistert. Vor allem aber wirklich beeindruckend ihre Offenheit gegenüber den Menschen in der eigentlich gar nicht soo fremden Kultur.
Jetzt rückt der für Oktober organisierte Besuch von elf jungen Madagassen aus Anjahambe in den Mittelpunkt. Die Vorfreude ist groß, aber auch der Berg an Arbeit, der bis dahin noch zu bewältigen (und zu finanzieren) ist. Persönliche Begegnungen über Länder- und Kulturgrenzen hinweg helfen, die abgegriffene Öko-Phrase „Global denken – lokal handeln“ mit Leben zu erfüllen. Und sicher bringt dies auch ein Stück Weltoffenheit ins Ost-Erzgebirge.
Text übernommen von osterzgebirge.org













